Die Coronavirus-Pandemie hat die ohnehin rasant steigende Popularität des mobilen Arbeitens zusätzlich beflügelt. Während Arbeitnehmende vor allem die damit einhergehende Flexibilität, die verbesserte Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie das Wegfallen langer Arbeitswege schätzen, ist diese Arbeitsform für Arbeitgebende zu einem wichtigen Instrument im Kampf um begehrte Fachkräfte geworden. Damit die langfristige Umstellung auf Mobil- und Homeoffice-Arbeit gelingt, sollten jedoch zuerst einige Regeln aufgestellt werden.

Bequem in der Hängematte liegen, Videokonferenzen in Jogginghose abhalten und ein wenig auf der Laptop-Tastatur tippen, ohne dass uns der Chef permanent im Nacken sitzt – diese paradiesischen Assoziationen kommen vielen Menschen in den Sinn, wenn sie an Mobil- und Homeoffice-Arbeit denken. Derart entspannt sieht der Arbeitsalltag außerhalb der Firmenmauern in der Realität aber nur selten aus. Im Gegenteil: Mehr Eigenverantwortung kann unter Umständen zu mehr Druck, höheren Fehlerquoten, chaotischen Abläufen, psychischen Belastungen und im schlimmsten Fall zu gesundheitlichen Problemen führen. Diese Schwierigkeiten entstehen vor allem dann, wenn keine organisatorischen Vorkehrungen getroffen werden. Umso wichtiger ist es, Regeln aufzustellen, die sowohl Arbeitnehmer*innen als auch Arbeitgeber*innen vor unliebsamen Folgen schützen.

 

Mobiles Arbeiten, Homeoffice oder doch lieber Telearbeit?

Grundsätzlich unterliegen das Homeoffice und das mobile Arbeiten nur wenigen Vorgaben. Beide Begriffe sind gesetzlich nicht definiert. Lediglich die mit diesen Arbeitsformen verwandte Telearbeit wird in der Arbeitsstättenverordnung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales in § 2 Abs. 7 ArbStättV erwähnt. Darin heißt es: „Telearbeitsplätze sind vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten, für die der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat.“ Im täglichen Sprachgebrauch werden Homeoffice, Mobil- und Telearbeit heutzutage meist synonym verwendet. Mobile Arbeit kann jedoch überall stattfinden und temporär eingeführt werden. Häufig kommen dabei auch private Arbeitsgeräte zum Einsatz. Homeoffice lässt sich somit als eine Art des mobilen Arbeitens einstufen.

 

Steuerpauschale für Homeoffice-Arbeit

Aufgrund der Coronavirus-Pandemie findet die mobile Arbeit mittlerweile sogar Erwähnung im Steuerrecht. Während früher nur beruflich genutzte Arbeitszimmer in den eigenen vier Wänden geltend gemacht werden konnten, bietet das Jahressteuergesetz 2020 nun allen Arbeitnehmenden, die von zu Hause aus arbeiten, die Möglichkeit, eine Homeoffice-Pauschale anzurechnen – egal, ob sie ihre To-dos am Esszimmertisch, im Garten oder in einer Arbeitsecke erledigen. Sie erhalten demnach eine Steuerpauschale von fünf Euro pro Homeoffice-Tag. Im Jahr können maximal 600 Euro geltend gemacht werden. Da es sich hierbei um Werbungskosten handelt, lohnt sich die Anrechnung der Pauschale aber nur, wenn alle Werbungskosten zusammen den jährlichen Pauschbetrag von 1.000 Euro übersteigen. Die Pauschale ist befristet und erst mal nur für die Jahre 2020 und 2021 anrechenbar.

Ein Homeoffice-Anspruch wird auf der politischen Bühne zwar diskutiert, besteht derzeit allerdings nicht. Gleichzeitig können Arbeitgeber*innen mobiles Arbeiten aber auch nicht gegen den Willen der Arbeitnehmer*innen anordnen.

 

Konkrete Rahmenbedingungen festlegen

Bei der Erarbeitung von Rahmenbedingungen haben Unternehmen in Ermangelung gesetzlicher Vorgaben jedoch weitgehend freie Hand. Damit die Arbeit im Homeoffice reibungslos abläuft, sollten Arbeitgeber*innen die wichtigsten Eckpunkte aber vorab in einem Vertrag festhalten. Darin können beispielsweise Angaben zum Arbeitsort, zu Arbeitszeiten und zur Dauer der mobilen Arbeit angegeben werden. Ratsam ist es, sich vor der Einführung der mobilen Arbeit mit folgenden Fragen auseinanderzusetzen und die Antworten niederzuschreiben:

  • Wird an wechselnden Orten oder an einem festen Arbeitsplatz gearbeitet?
  • Arbeiten die Arbeitnehmer*innen ausschließlich im Homeoffice oder ist auch Präsenzarbeit in der Firma vorgesehen?
  • Zu welchen Tageszeiten dürfen Homeoffice-Arbeiter tätig werden?
  • Besteht die Möglichkeit zur mobilen Arbeit dauerhaft oder nur vorübergehend?
  • Ist die mobile Arbeit zwingend erforderlich oder wird diese Arbeitsform nur als Option angeboten?

Darüber hinaus können ganz individuelle Vereinbarungen getroffen werden, damit sowohl Arbeitnehmer*innen als auch Arbeitgeber*innen von dieser Arbeitsweise profitieren. Je nach Vereinbarung kann die mobile Arbeit später formlos oder durch Teil- und Änderungskündigung beendet werden.

 

Die Arbeitszeit im Blick behalten

Bedenken sollten beide Seiten, dass arbeitsschutzrechtliche Vorgaben, die am Präsenzarbeitsplatz im Betrieb gelten, auch im Homeoffice eingehalten werden müssen. Das gilt beispielsweise für das Arbeitszeitgesetz. Zu glauben, Arbeitnehmer*innen könnten im Homeoffice ihren Tag frei einteilen, ist meist ein Trugschluss. Der Umfang der zu erbringenden Arbeitsleistung und die Arbeitszeiten müssen im Arbeitsvertrag festgelegt werden. Allerdings darf dabei die durchschnittliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Woche nicht überschritten werden. Die werktägliche Arbeitszeit beträgt in der Regel acht – unter bestimmten Umständen auch zehn – Stunden.

Das Arbeitszeitgesetz gibt außerdem vor, dass zwischen den Arbeitstagen Ruhezeiten von elf Stunden eingehalten werden müssen. Ebenso wichtig sind die Ruhepausen, auf die Homeoffice-Arbeiter*innen nicht verzichten dürfen. Wie am Präsenzarbeitsplatz müssen Mitarbeiter*innen bei einer Arbeitszeit von mehr als sechs Stunden am Tag mindestens 30 Minuten pausieren. Wird mehr als neun Stunden gearbeitet, ist eine Ruhepause von mindestens 45 Minuten vorgesehen. Arbeitsbeschränkungen an Sonn- und Feiertagen sind ebenfalls einzuhalten.

 

Sicherheit und Gesundheitsschutz nicht vernachlässigen

Als weitaus kniffliger erweist sich die Umsetzung von sicherheitstechnischen Vorgaben im Homeoffice. Laut Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) müssen Arbeitgeber*innen für Sicherheit und Gesundheitsschutz sorgen – und zwar an jedem Ort, an dem ihre Arbeitnehmer*innen ihrer Tätigkeit nachgehen. §5 sieht vor, dass zunächst eine Gefährdungsbeurteilung durchgeführt wird. Auf dieser Basis kann dann analysiert werden, welche Sicherheitsmaßnahmen am Arbeitsort umgesetzt werden müssen. Allerdings dürfte sich dieses Unterfangen als schwierig erweisen: Homeoffice-Arbeiter*innen müssen Arbeitgebenden nämlich keinen Zutritt zur Wohnung gewähren. Die im Grundgesetz verankerte Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG) gibt ihnen das Recht, ihren Chef oder ihre Chefin an der Tür abzuweisen. Zudem kommen bei der Mobilarbeit auch andere Orte wie Cafés, Parks oder Hotels als Arbeitsplätze infrage, die nur schwerlich spontan kontrolliert werden können. Arbeitgebenden bleibt daher kaum etwas anderes übrig, als ihren Teammitgliedern mehr Verantwortung zu übertragen und organisatorische Maßnahmen zu ergreifen. Sie können ihren Pflichten beispielsweise durch Unterweisungen, Rahmenvorgaben und regelmäßige Rücksprachen mit den Arbeitnehmenden nachkommen.

 

Geeignete Arbeitsmittel anschaffen

Für Unsicherheit sorgt häufig auch die Frage, wer die benötigten Arbeitsmittel anschaffen muss. Kaufen Arbeitgeber*innen die Geräte und Materialien, können sie als Eigentümer*innen jederzeit die Rückgabe dieser Gegenstände anordnen und die private Nutzung verbieten. Darüber hinaus lässt sich auf diese Weise sicherstellen, dass wirkungsvolle IT-Security-Tools auf den zur Verfügung gestellten EDV-Geräten installiert werden, um Unternehmensnetzwerke vor Cyberangriffen zu schützen.

Da jedoch keine rechtlichen Vorgaben vorhanden sind, können prinzipiell auch privat angeschaffte Arbeitsmittel genutzt werden. Unter bestimmten Umständen haben Homeoffice-Arbeiter*innen dann Anspruch auf Aufwendungsersatz – je nachdem, auf wessen Initiative das mobile Arbeiten eingeführt wurde. Werden die Arbeitsmittel beschädigt, steht häufig die Frage nach der Haftung im Raum. In der Regel greift dann der „Grundsatz der privilegierten Arbeitnehmerhaftung“. Das heißt, der Verschuldungsgrad wird ermittelt und der entstandene Schaden dementsprechend zwischen beiden Parteien aufgeteilt.

 

Keine klare Regelung bei Arbeitsunfällen im Homeoffice

Komplizierter wird es, wenn Personen zu Schaden kommen. In der Regel übernimmt die Berufsgenossenschaft die nach einem Unfall entstehenden Kosten. Allerdings muss zuvor geklärt werden, in welcher Situation der Unfall passiert ist. Hat die dabei ausgeführte Tätigkeit einen privaten Charakter, wird der Vorfall möglicherweise nicht als Arbeitsunfall gewertet. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Arbeitnehmer*innen vom Schreibtisch aufstehen, um sich eine Tasse Kaffee zu holen. Hier muss im Einzelfall entschieden werden. Es kann daher sinnvoll sein, Mitarbeiter*innen vorab über Risiken und das richtige Vorgehen im Ernstfall zu informieren.

 

Sensible Informationen schützen

Nicht vergessen sollten Arbeitgeber*innen, für die Einhaltung von Geschäftsgeheimnissen zu sorgen. Diese Aufgabe könnte erschwert sein, wenn die ganze Familie des Arbeitnehmenden Zugang zum Arbeitsplatz hat. Eine vertragliche Vereinbarung, die konkrete Handlungsempfehlungen enthält, kann hier vorbeugen und sensibilisieren. Ebenso wichtig ist der verantwortungsbewusste Umgang mit personenbezogenen Daten. Unternehmer*innen müssen schließlich sicherstellen, dass die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) eingehalten wird. Dafür können sie beispielsweise technische Lösungen wie Übertragungs-, Datenträger- und Zugangskontrollen zu elektronischen Datenverarbeitungssystemen implementieren.

 

Neue Herausforderungen für Führungskräfte

Doch nicht nur die Technik sollte an diese Situation angepasst werden. Auch alle beteiligten Personen müssen sich auf neue Arbeitsformen einstellen. Vor allem an Führungskräfte werden hohe Anforderungen gestellt. Sind Teammitglieder nicht mehr täglich vor Ort, müssen sie besonders wachsam sein und ein neues Gespür für Probleme und Konfliktpotenziale entwickeln. Da sich die Arbeitsweisen der Mitarbeiter*innen aus der Ferne nur schwerlich bewerten lassen, rückt für sie vor allem das Arbeitsergebnis in den Vordergrund. Der generierte Output liefert schließlich einen wichtigen Hinweis darauf, ob Abläufe im Homeoffice gut funktionieren oder ob Änderungen notwendig sind.

Um herauszufinden, ob Probleme bestehen, können Führungskräfte verschiedene Wege einschlagen. Folgende Methoden und Hilfsmittel haben sich bereits bewährt:

  • Regelmäßige Videokonferenzen
  • Virtuelle Teamevents
  • After-Work-Veranstaltungen
  • Schulungen zum Thema Arbeitsorganisation
  • Beratungen zur betrieblichen Gesundheitsvorsorge
  • Regelmäßige persönliche Gespräche zwischen Arbeitnehmenden und Führungskräften
  • Ausführliche Feedbacks

 

Wichtig ist außerdem, dass Führungskräfte auf die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeiter*innen eingehen. Schließlich fällt es manchen Menschen leichter, eigenverantwortlich im Homeoffice zu arbeiten als anderen. Deshalb lohnt es sich, im Gespräch mit den betreffenden Teammitgliedern genau hinzuschauen und zu prüfen, ob die Trennung von Privatleben und Beruf in den heimischen vier Wänden funktioniert. Führungskräfte sollten daher regelmäßig nach dem Wohlbefinden fragen, auf Gesundheitsrisiken hinweisen, Vier-Augen-Gespräche anbieten und explizit darauf achten, ob die Mitarbeiter*innen einen gesunden und ausgeglichenen Eindruck machen. Fühlen sich alle Beteiligten wohl, steigen letztlich auch der Spaßfaktor und die Motivation. Genau diese Aspekte tragen am Ende entscheidend dazu bei, dass sich neue Arbeitsformen erfolgreich umsetzen lassen und eine Win-win-Situation für Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen entsteht.

Denis Broll - Diplom Ökonom | Steuerberater, Fachberater für int. Steuerrecht, zert. Berater für E-Commerce <small>(IFU / ISM gGmbH)</small>

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