Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Ihr Unternehmen, das Sie mit großen Kraftanstrengungen aufgebaut und Tag für Tag leidenschaftlich geführt haben, muss plötzlich ohne Sie auskommen. Wüssten Ihre Angehörigen, Geschäftspartner und Mitarbeiter, was zu tun ist? Um sicherzustellen, dass das Unternehmen nach einem vorübergehenden Ausfall oder dem Tod des Unternehmers handlungsfähig bleibt und die Hinterbliebenen gut versorgt sind, können Chefs einen Notfallplan erstellen. Wichtigster Bestandteil ist in der Regel ein Notfallkoffer, in dem wichtige geschäftliche und private Informationen gesammelt werden, die man in einer solchen Situation benötigt. Was darin enthalten sein sollte, haben wir im Folgenden für Sie zusammengefasst.

Fällt ein Unternehmer plötzlich aus, stehen Angehörige meist vor einem regelrechten Fragenberg, der sich nur mühsam erklimmen lässt. Wer trifft nun unternehmensrelevante Entscheidungen? Wie wird die Liquidität des Betriebs sichergestellt? Müssen aktuelle Aufträge bearbeitet werden? Gibt es Deadlines? Wer hat Zugriff auf die Bankkonten? Wurden Versicherungen für den Eintritt dieser Situation abgeschlossen? Und wo sind wichtige Passwörter zu finden?

Dies sind nur einige der zahlreichen Themen, mit denen sich Angehörige auseinandersetzen müssen. Das Problem: Meist bleibt nur wenig Zeit, um die Antworten zusammenzutragen. In der Regel muss schnell reagiert werden, um den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten. Andernfalls können betroffene Unternehmen in Zahlungsverzug geraten, Kunden abspringen, Banken laufende Kredite kündigen, Aufträge nicht erfüllt werden oder wichtige Mitarbeiter den Betrieb verlassen. Im Worst Case gerät die Firma in eine finanzielle Abwärtsspirale, die ihre Existenz grundlegend gefährdet.

 

Mithilfe eines Notfallkoffers das Vermächtnis sichern

Eine große Hilfe kann in dieser Situation ein sogenannter Notfallkoffer darstellen. Darin werden wichtige Informationen gesammelt, die benötigt werden, um den Weiterbetrieb des Unternehmens nach dem temporären oder dauerhaften Ausfall des Chefs zu ermöglichen.

Das Kofferpacken klingt erst einmal nach einer simplen Aufgabe. Doch Sie ahnen es sicher bereits: Angesichts der zahlreichen Themenbereiche, die berücksichtigt werden müssen, ist diese Maßnahme mit enormem Aufwand verbunden. Dennoch ist es empfehlenswert, die Informationen frühzeitig – und vor allem ganz in Ruhe – zusammenzutragen und an zentraler Stelle zu sammeln. Durch den Einsatz eines solchen Instruments können Unternehmer nämlich einen großen Beitrag zur Sicherung ihres Vermächtnisses leisten und ihren Nachfolgern oder Vertretern das Leben in einer Notfallsituation ein wenig leichter machen.

 

Aufbewahrungsform und -ort auswählen

Doch wie geht man beim Aufbau eines solchen Koffers vor, ohne in der Informations- und Dokumentenflut die Übersicht zu verlieren? Zunächst sollten einige formale und aufbewahrungstechnische Fragen geklärt werden. Unter anderem müssen Unternehmer festlegen, ob sie einen digitalen oder einen physischen Koffer erstellen möchten. Falls sie sich für letztere Variante entscheiden, stellt sich die Frage, ob Originaldokumente oder Kopien abgelegt werden sollen. Des Weiteren sollte entschieden werden, wo sich der Koffer sicher aufbewahren lässt und für wen dieser in welchen Fällen zugänglich sein soll.

 

Bestandsaufnahme machen und Inhalte festlegen

Anschließend können sich Unternehmer dem Inhalt widmen. Es empfiehlt sich, zunächst eine Bestandsaufnahme zu machen, um festzustellen, welche Aspekte überhaupt berücksichtigt werden müssen. Ziel ist es, alle Betriebs- und Vermögenswerte zu erfassen und sämtliche Aufgaben, Verbindlichkeiten und Pflichten festzuhalten, die nach dem Ausfall des Chefs von einem Nachfolger oder einem Vertreter übernommen werden müssen.

Anhand dieser Aufstellung kann anschließend simuliert werden, was passieren würde, wenn der Ernstfall plötzlich eintreten sollte. Konkret heißt das, es wird zusammengetragen, was in dieser Situation erledigt werden muss, welche (unternehmens-)rechtlichen Vorgaben dabei berücksichtigt werden müssen und welche Informationen benötigt werden. Letztere lassen sich dann in den Koffer integrieren.

 

Zusammenstellung von Daten und Unterlagen

Welche Daten und Fakten in solch einer Sammlung zu finden sein sollten, hängt von verschiedenen Aspekten wie der Unternehmensform, der Anzahl der Inhaber, dem Vorhandensein weiterer Anteilseigner, dem Abschluss von Versicherungen und den familiären Verhältnissen des Chefs ab. Es gibt aber einige Informationen, die in keinem Notfallkoffer fehlen sollten. Dazu zählen folgende Daten und Dokumente:

 

Informationen zum Unternehmer

Zunächst sollte unbedingt geklärt werden, um wen es eigentlich geht. Deshalb empfiehlt es sich, relevante Angaben zum Unternehmer aufzuführen. Neben seinem Namen und seiner vollständigen Adresse können auch die Kinder und der Ehepartner benannt werden. Im Idealfall liegen darüber hinaus Dokumente wie Eheverträge, Familienstammbäume und Geburtsurkunden bei, die alle Angaben belegen.

 

Informationen zum Unternehmen

Ebenso wichtig sind Unternehmensdaten wie die Unternehmensform, Handelsregistereinträge, die Steuernummer und das zuständige Finanzamt. Falls vorhanden, sollten weitere Inhaber oder Gesellschafter genannt werden. Nicht fehlen sollten Steuerbescheide, betriebswirtschaftliche Auswertungen und Jahresabschlüsse sowie Gesellschafts- oder Geschäftsführerverträge.

 

Wichtige Kontaktdaten

Für Angehörige ist es außerdem hilfreich, dem Koffer eine Liste beizulegen, auf der alle Personen aufgeführt sind, die im Notfall kontaktiert werden sollten und die Unterstützung leisten können. Unter anderem kann es in dieser Situation sinnvoll sein, bestimmte Mitarbeiter, Steuerberater, Anwälte, Versicherungen oder Banken zu informieren.

 

Handlungsanweisungen

Unternehmer können zudem vorgeben, welche Handlungen im Falle ihres Ausfalls oder Todes sofort durchgeführt werden sollten. Hier kann auch festgelegt werden, wer in einer bestimmten Situation für welche Aufgaben verantwortlich zeichnet und wer die Vertretung temporär übernehmen soll.

 

Betriebliche Daten

Damit sich Nutzer des Notfallkoffers schnell ein Bild von der Situation machen und betriebliche Prozesse bestmöglich aufrechterhalten werden können, ist in der Regel auch eine Liste der wichtigsten Kunden und Geschäftspartner inklusive aller Lieferanten-, Zulieferer- und Partnerverträge zu finden.

 

Vollmachten, Verfügungen und Willenserklärungen

Um sicherzustellen, dass der Wille des Unternehmers umgesetzt werden kann, sollten unbedingt Vollmachten, Verfügungen und Willenserklärungen beigelegt werden. Dazu zählen zum Beispiel Testamente, Erbverträge, Verzichtserklärungen und geschäftliche Vollmachten sowie eine Nachfolgeplanung. Unter Umständen kann es auch sinnvoll sein, private Wünsche festzuhalten und durch Vorsorgevollmachten, Patienten- und Betreuungsverfügungen, Organspendeausweise und Vormundschaftserklärungen für minderjährige Kinder zu belegen.

 

Finanzdaten

Da die Sicherstellung der Liquidität zu den wichtigsten Aufgaben des Nachfolgers oder des Vertreters gehören, sollten auch Informationen zur finanziellen Lage im Notfallkoffer enthalten sein. Wichtig sind zum Beispiel Bankdaten, Kontonummern, Hinweise auf Darlehen und Bürgschaften sowie ein Überblick über regelmäßige Ausgaben.

 

Vermögensübersicht

Nicht fehlen darf außerdem eine Übersicht über alle zum Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgüter. Darüber hinaus können private Vermögenswerte wie Immobilien, Grundstücke, Ersparnisse, Aktienvermögen, Wertgegenstände oder Versicherungen aufgeführt werden.

 

Passwörter und Zugangsberechtigungen

Damit Nachfolgern und Vertretern wichtige elektronisch gespeicherte Informationen zur Verfügung stehen, sollte der Notfallkoffer relevante Passwörter enthalten. So wird sichergestellt, dass die betreffenden Personen schnell Zugriff auf den PC, das E-Mail-Postfach, die Online-Banking-Software, Schließfächer oder Ähnliches erhalten.

 

Versicherungsunterlagen

Falls vorhanden, können auch Versicherungsunterlagen zusammengetragen werden. Gegebenenfalls muss der Versicherte nämlich abgemeldet oder die Versicherung gekündigt werden. In einigen Fällen müssen Angehörige den Tod des Versicherten innerhalb einer bestimmten Frist melden.

 

Erb- und Nachfolge regeln

All diese Unterlagen können Angehörigen und Geschäftspartnern helfen, eine Notfallsituation, in die sie der Verlust des Firmen- und Familienoberhauptes manövriert hat, zu bewältigen. Mit der Erstellung des Koffers allein ist es allerdings nicht getan. Um sicherzustellen, dass der eigene Wille auch wirklich umgesetzt wird, sollten Unternehmer noch weitere Maßnahmen wie die Regelung der Erbfolge oder der Unternehmernachfolge ergreifen. Da schriftlich festgehaltene Nachlassbestimmungen Bestandteil des Notfallkoffers sind, bietet es sich an, diese Aufgaben miteinander zu verbinden.

 

Klarheit schaffen durch Testamentserstellung

Die Erstellung eines Testaments stellt beispielsweise sicher, dass der Wille des Unternehmers berücksichtigt wird, wenn er sich selbst nicht mehr äußern kann, und dass für alle Beteiligten nach seinem Tod oder einem temporären Ausfall Klarheit herrscht. Unter bestimmten Umständen können durch ein Testament auch Rechtsstreitigkeiten verhindert werden. Gerade wenn mehrere Personen erbberechtigt sind oder von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen werden sollen, ist es empfehlenswert, frühzeitig zu handeln.

Hierbei sollte nicht nur das Vermögen berücksichtigt, sondern vor allem auch die Nachfolge geregelt werden. Je nach Firmen- oder Familienkonstellation kann sich diese Aufgabe als äußerst komplex erweisen. Deshalb ist es ratsam, sich für die Entscheidungsfindung Zeit zu nehmen und von einem Rechtsexperten unterstützen zu lassen. Kompliziert kann es zum Beispiel werden, wenn mehrere Kinder am Unternehmen beteiligt werden sollen, Erben noch minderjährig sind oder Gesellschafterverträge bestimmte Vorgaben für den Todesfall enthalten.

 

Vollmachten ausstellen

Unternehmer haben außerdem die Möglichkeit, Vollmachten auszustellen. Diese greifen, wenn er zum Beispiel aufgrund einer Erkrankung oder der Folgen eines Unfalls nicht mehr handlungsfähig ist. Eine solche Vollmacht gibt einer bestimmten Person das Recht, in seinem Namen Entscheidungen zu treffen oder Geschäfte zu tätigen. Welche Befugnisse übertragen werden und ob die Vollmacht Beschränkungen enthalten soll, kann der Aussteller individuell entscheiden und festlegen.

 

Steuerpflicht in Planung einbeziehen

Auch steuerliche Aspekte sollten in die Überlegungen einbezogen werden. Schließlich müssen Erben unter bestimmten Umständen Erbschafts- oder Schenkungssteuer zahlen. Ob dies der Fall ist, hängt von mehreren Faktoren ab. Wird zum Beispiel Betriebsvermögen übertragen, können gegebenenfalls Verschonungsregelungen zum Tragen kommen. Bei der Übertragung von Privatvermögen gibt es Freibeträge, die sich nach dem Verwandtschaftsgrad zwischen Erblasser und Erbnehmer richten. Für Ehepartner und Kinder gilt außerdem ein Versorgungsfreibetrag.

Um sicherzustellen, dass Nachkommen versorgt sind, kann in manchen Fällen auch der Abschluss einer Kapital- oder Risikolebensversicherung eine Überlegung wert sein. Ob und für wen dieser Schritt sinnvoll ist, hängt ebenfalls von der individuellen Situation ab.

 

Ausreichend Zeit einplanen und Experten um Rat fragen

Da bei der Erstellung eines Notfallplans derart viele individuelle Aspekte eine Rolle spielen, sollten Unternehmer ausreichend Zeit einplanen und sich mit Rechts-, Steuer- und gegebenenfalls auch Versicherungsexperten kurzschließen. Werden Fallstricke übersehen oder bestimmte Faktoren vergessen, kann der Wille des Unternehmers im Ernstfall möglicherweise nicht umgesetzt werden.

Zugegeben: Eine effektive und rechtskonforme Notfallplanung ist mit einem hohen Aufwand verbunden. Für ein Unternehmen kann dieses Instrument aber überlebenswichtig werden, wenn der Chef plötzlich ausfällt. Zudem schützt eine geregelte Nachlass- und Nachfolgeplanung die Angehörigen. Wer für Klarheit sorgt, hilft seiner Familie, seinem Nachfolger und seinen Angestellten dabei, sich in der neuen Situation zurechtzufinden. So wird sichergestellt, dass das Unternehmen im Sinne des Chefs weitergeführt wird und dass Angehörige ihr Recht durchsetzen können.

Denis Broll - Diplom Ökonom | Steuerberater, Fachberater für int. Steuerrecht, zert. Berater für E-Commerce <small>(IFU / ISM gGmbH)</small>

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