Von der Gehaltshöhe über die Kündigungsfrist bis hin zum Arbeitsort müssen vor Beginn eines Arbeitsverhältnisses zahlreiche Aspekte geklärt werden. Schließlich ist der Arbeitgeber gesetzlich verpflichtet, wichtige Eckdaten und Vereinbarungen wie diese niederzuschreiben und das erstellte Dokument dem zukünftigen Arbeitnehmer zukommen zu lassen. Kürzlich ist die Liste der nachzuweisenden Informationen sogar noch ein Stück länger geworden: Das am 1. August 2022 in Kraft getretene Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie (EU) 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union sieht nämlich zusätzliche Nachweispflichten vor. Welche das sind, haben wir im Folgenden für Sie zusammengefasst.

Dass Arbeitgeber bedeutsame Eckpunkte von Arbeitsverhältnissen niederschreiben und ihren Arbeitnehmern übergeben müssen, ist in Deutschland eigentlich nicht neu. Das Gesetz über den Nachweis der für ein Arbeitsverhältnis geltenden wesentlichen Bedingungen (Nachweisgesetz) verpflichtet Unternehmer bereits seit 1995, bestimmte Informationen auf Papier festzuhalten, wenn sie einen Mitarbeiter einstellen. Dazu zählten bis zum Inkrafttreten des neuen Nachweisgesetzes folgende Daten und Aspekte:

  • Name und Anschrift des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers
  • Startzeitpunkt des Arbeitsverhältnisses
  • Voraussichtliche Dauer des Arbeitsverhältnisses (nur im Falle einer Befristung)
  • Arbeitsort(e)
  • Beschreibung der Tätigkeit
  • Höhe und Zusammensetzung des Arbeitslohns
  • Arbeitszeit
  • Dauer des Jahresurlaubs
  • Kündigungsfristen
  • Ggf. anzuwendende Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen

 

Zusätzliche Nachweispflichten für Arbeitgeber

Die oben genannten Informationen müssen Arbeitgeber auch weiterhin niederschreiben. Im August 2022 haben sich allerdings noch weitere Nachweispflichten hinzugesellt.

 

Hinweis auf freie Arbeitsortwahl

Nach wie vor müssen die Orte, an denen der Arbeitnehmer eingesetzt wird, in der Nachweisniederschrift benannt werden. Eine Änderung ergibt sich aber, wenn der betreffende Mitarbeiter seinen Arbeitsort selbst aussuchen kann. Dann muss ein entsprechender Hinweis im Dokument zu finden sein. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn fest vereinbart wurde, dass der Arbeitnehmer regelmäßig im Homeoffice arbeiten darf.

 

Höhe der Überstundenvergütung

Natürlich müssen Arbeitgeber auch weiterhin die Höhe des Arbeitslohns dokumentieren. Schon das Nachweisgesetz von 1995 sah vor, dass alle Bestandteile des Entgelts aufgeführt werden müssen. Dazu zählen unter anderem Sonderzahlungen, Zulagen und Prämien.

Eine Änderung hat sich allerdings in puncto Überstunden ergeben: Seit August 2022 müssen Arbeitgeber darauf hinweisen, dass die Möglichkeit besteht, Überstunden anzuordnen. Zudem sind sie verpflichtet, sowohl die Höhe der Überstundenvergütung als auch die dafür vorgesehene Auszahlungsart zu benennen.

Darüber hinaus müssen seither alle Entgeltbestandteile separat aufgeführt werden.

 

Vereinbarte Ruhepausen und -zeiten

Sofern bestimmte Regelungen zu Ruhepausen und -zeiten vereinbart wurden, müssen diese unbedingt im Nachweisdokument thematisiert werden. Bei der Festlegung der Dauer dürfen aber natürlich die im Arbeitszeitgesetz festgeschriebenen Vorgaben nicht außer Acht gelassen werden.

 

Dauer der Probezeit

Eine weitere Änderung ergibt sich für Unternehmen, die mit ihren Mitarbeitern eine Probezeit vereinbaren: Die Dauer einer solchen Testphase muss seit Inkrafttreten der Neuregelung nämlich unbedingt in der Nachweisniederschrift vermerkt werden.

 

Arbeit auf Abruf

Unternehmen, die auf Abrufarbeit setzen, müssen dafür aufgestellte Regeln detailliert beschreiben. Pflicht ist in diesem Fall ein Hinweis darauf, dass sich die Arbeitsleistung nach dem Arbeitsanfall richtet. Zudem müssen Arbeitgeber aufschreiben, wie viele Arbeitsstunden mindestens vergütet werden und wann der Arbeitnehmer spätestens über seine Arbeitszeit informiert wird. Unverzichtbar ist auch die Angabe des Zeitrahmens, der für die Erbringung der Arbeitsleistung vorgesehen wurde. Dieser kann mithilfe von Referenztagen und -stunden beschrieben werden.

 

Hinweis auf Schichtarbeit

Falls der neue Mitarbeiter Schichtarbeit leisten soll, muss ein Hinweis darauf in der Niederschrift zu finden sein. Angaben zum Schichtsystem und zum Schichtrhythmus dürfen ebenfalls nicht fehlen. Außerdem muss festgehalten werden, in welchen Fällen eine Schichtänderung durchgeführt werden darf.

 

Anspruch auf Fortbildungen

Um Fachkräfte für sich zu gewinnen, bieten viele Unternehmen Fortbildungsmöglichkeiten an. Werden diesbezüglich schon vor Beginn des Arbeitsverhältnisses Vereinbarungen getroffen, muss in der Niederschrift ein Hinweis auf den Fortbildungsanspruch enthalten sein. Wie die Fortbildung letztendlich aussehen wird, muss nicht näher erläutert werden.

 

Informationen zur betrieblichen Altersvorsorge

Verspricht der Arbeitgeber seinem neuen Mitarbeiter eine betriebliche Altersvorsorge, muss auf diese Vereinbarung hingewiesen werden. Wichtig ist, dass dann sowohl der Name als auch die Anschrift der ausgewählten Versorgungseinrichtung genannt wird. Eine Ausnahme besteht nur, wenn der jeweilige Versorgungsträger dazu verpflichtet ist, dem betreffenden Mitglied diese Daten zukommen zu lassen.

 

Kündigungsform festlegen

Die Angabe der Kündigungsfrist durfte schon vor Inkrafttreten der Neuregelung in keinem Arbeitsvertrag oder Nachweisdokument fehlen. Seit August 2022 muss darüber hinaus angegeben werden, wie das Kündigungsverfahren im Falle einer Trennung gestaltet wird. Zudem ist die Angabe einer Kündigungsschutzklagefrist notwendig.

 

Ergänzung für kirchliche Arbeitgeber

Für kirchliche Arbeitgeber ergibt sich eine zusätzliche Pflicht: Sie müssen darauf hinweisen, wenn eine paritätisch besetzte Kommission zum Einsatz kommt, die auf der Grundlage des Kirchenrechts Regelungen vorgibt, die für das Arbeitsverhältnis relevant sind.

 

Informationen zu Auslandseinsätzen

Neuerungen müssen auch Unternehmen beachten, die ihre Mitarbeiter ins Ausland schicken: Ist der Arbeitnehmer länger als vier Wochen außerhalb Deutschlands tätig, muss der Arbeitgeber schriftlich festhalten, in welchen Ländern der jeweilige Mitarbeiter arbeiten soll, wie lange der Auslandsaufenthalt dauern wird, in welcher Währung der Arbeitnehmer bezahlt wird und ob er für den Auslandseinsatz zusätzliche Geld- oder Sachleistungen erhält. Außerdem muss darauf hingewiesen werden, ob der Mitarbeiter zum deutschen Standort zurückkehrt und welche Rückkehrbedingungen vereinbart wurden. Es besteht die Pflicht, dem Arbeitnehmer die Niederschrift vor der Abreise zu übergeben.

 

Jeder Arbeitnehmer hat Anspruch auf einen schriftlichen Nachweis

Arbeitgeber, die von diesen Neuerungen bisher noch nichts wussten, sollten nun schnell handeln. Doch keine Sorge, Sie müssen nicht sofort für alle Mitarbeiter neue Arbeitsverträge oder Nachweisniederschriften aufsetzen. Die Neuregelungen gelten für Arbeitsverhältnisse, die nach dem 31. Juli 2022 begonnen haben. Wer der Nachweispflicht hier nicht nachkommt, begeht aber eine Ordnungswidrigkeit.

Grundsätzlich haben Arbeitnehmer ein Recht darauf, einen Nachweis über wichtige Vereinbarungen wie die Höhe und Zusammensetzung des Arbeitsentgeltes, die Arbeitszeit oder die Länge der Ruhezeiten bereits am ersten Arbeitstag zu erhalten. Bestimmte Daten müssen erst eine Woche nach Beginn des Arbeitsverhältnisses vorliegen. Dazu zählen zum Beispiel Überstundenregelungen, die Dauer einer Befristung, der Arbeitsort, eine Tätigkeitsbeschreibung und Angaben zur Probezeit. Für die Niederschrift einiger anderer Aspekte wie Urlaubsdauer oder Fortbildungsanspruch bleibt vier Wochen Zeit.

Zu welchem Zeitpunkt welche Informationen vorliegen müssen, kann Paragraf 2 des Nachweisgesetzes entnommen werden. Natürlich dürfen Arbeitgeber auch alle Informationen am ersten Arbeitstag in einem Rutsch übergeben.

 

Schriftform einhalten

Wichtig ist, dass die vereinbarten Arbeitsbedingungen schriftlich festgehalten werden und der Arbeitgeber das Dokument unterschreibt. Die Nachweispflicht gilt aber nicht nur gegenüber langfristig Angestellten, sondern auch gegenüber kurzfristig beschäftigten Aushilfen und einigen Praktikantengruppen.
Sollten nach Beginn des Arbeitsverhältnisses relevante Änderungen durchgeführt werden, müssen Arbeitgeber diese ebenfalls niederschreiben und ihren Mitarbeitern das erstellte Dokument bis zu dem Tag zukommen lassen, an dem sie in Kraft treten.

Wer übrigens glaubt, er könne seinem Mitarbeiter die Niederschrift per E-Mail zusenden, liegt leider falsch. Die elektronische Übermittlung der Niederschrift ist nach wie vor verboten. Das erneuerte Nachweisgesetz verlangt, dass die Niederschrift mit Originalunterschrift ausgehändigt wird.

 

Nachweispflicht gegenüber Bestandsmitarbeitern

Für alle Angestellten, die schon vor Inkrafttreten der Neuregelungen im Unternehmen beschäftigt waren, müssen erst einmal keine neuen Dokumente erstellt werden. Der Arbeitnehmer hat jedoch auch diesen Mitarbeitern gegenüber eine Nachweispflicht. Das heißt, er ist verpflichtet, eine vorhandene Niederschrift entsprechend zu ergänzen und auszuhändigen – allerdings nur, wenn der Arbeitnehmer ihn explizit dazu auffordert. Das Dokument muss dann sieben Tage nach der Anfrage vorliegen. Für die Zusammenstellung der Informationen zum Erholungsurlaub, zu Fortbildungen, zur betrieblichen Altersvorsorge und zum Kündigungsverfahren bleibt vier Wochen Zeit.

Sind alle relevanten Informationen im Arbeitsvertrag vermerkt, muss übrigens keine zusätzliche Niederschrift angefertigt werden. In diesem Fall sind Arbeitgeber nicht verpflichtet, einen gesonderten Nachweis zu erbringen. Dies gilt allerdings nur, wenn der Arbeitsvertrag in schriftlicher Form vorliegt und unterschrieben wurde.

Wichtig zu wissen ist, dass nicht jede vereinbarte Regelung zwangsläufig im Nachweisdokument beschrieben werden muss; an bestimmten Stellen ist auch ein Hinweis auf Kollektivvereinbarungen erlaubt.

 

Zuwiderhandeln kann Bußgelder nach sich ziehen

Obwohl die zusätzlichen Nachweispflichten mit Aufwand verbunden sind, sollten sich Arbeitgeber unbedingt an die gesetzlichen Vorgaben halten. Ein Zuwiderhandeln kann unter bestimmten Umständen eine Ordnungswidrigkeit darstellen und Bußgelder von bis zu 2.000 Euro nach sich ziehen.

Falls Unsicherheit besteht, empfiehlt es sich, einen Rechtsexperten zurate zu ziehen. Dieser kann einen Überblick über alle Nachweispflichten oder Fristen geben und über Ausnahmeregeln aufklären. Gegebenenfalls kann es auch sinnvoll sein, vorhandene Vorlagen für Nachweisniederschriften oder Arbeitsverträge zu überarbeiten. So wird sichergestellt, dass bei der Einstellung von Mitarbeitern keine Fragen offenbleiben, keine Informationen vergessen werden und dem neuen Teammitglied direkt zu Beginn des Arbeitsverhältnisses wichtige Daten zur Verfügung stehen. Auf diese Weise können alle Beteiligten unbesorgt in die gemeinsame Zukunft starten.

Denis Broll - Diplom Ökonom | Steuerberater, Fachberater für int. Steuerrecht, zert. Berater für E-Commerce <small>(IFU / ISM gGmbH)</small>

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