In vielen deutschen Unternehmen gehört das Versenden von Waren in andere EU-Länder zum Alltag. Dennoch ist den beteiligten Akteuren nicht immer ganz klar, wann für eine innergemeinschaftliche Lieferung Umsatzsteuer fällig wird und welche Voraussetzungen für eine Steuerbefreiung erfüllt sein müssen. Klar ist: Wer vom Finanzamt nicht zur Zahlung der Umsatzsteuer verdonnert werden möchte, muss entsprechende Belege und Nachweise vorhalten. Durch eine Neuregelung der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV) sind im Jahr 2020 sogar noch einige neue Vorgaben hinzugekommen, die seither für zusätzliche Verunsicherung sorgen.

Auf den ersten Blick scheint alles ganz einfach zu sein: Verkauft ein in der Europäischen Union ansässiger Unternehmer Waren an einen Unternehmer in einen anderen EU-Staat, gilt für die Lieferung in seinem Heimatland in der Regel eine Umsatzsteuerbefreiung. Allerdings muss sein Kunde im Bestimmungsland der Ware Umsatzsteuer für diese innergemeinschaftliche Lieferung entrichten. Für den Abnehmer ist es aber halb so wild: Er kann die entrichtete Umsatzsteuer nämlich als Vorsteuer geltend machen.

 

Steuerbefreiung setzt Vorgabenerfüllung voraus

So weit, so gut. Damit die Steuerbefreiung greift, müssen jedoch einige Voraussetzungen erfüllt sein. Unter anderem muss es sich beim Käufer, um einen Unternehmer handeln, der in einem anderen EU-Mitgliedstaat erwerbssteuerpflichtig ist und die Waren für sein Unternehmen erwirbt. Darüber hinaus hat der Verkäufer nachzuweisen, dass die von ihm veräußerten Produkte tatsächlich in einem anderen EU-Land angekommen sind.

Durch das 2020 in Kraft getretene Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften hat außerdem eine EU-Durchführungsverordnung den Weg ins deutsche Steuerrecht gefunden, die zusätzliche Bedingungen stellt: Während der Warenabnehmer schon früher über eine ausländische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) verfügen musste, wurde nunmehr festgelegt, dass der Lieferant verpflichtet ist, dem Bundeszentralamt für Steuern im Nachgang eine Zusammenfassende Meldung (ZM) zukommen zu lassen, in der die Lieferung zutreffend angegeben ist.

 

Warenankunft durch Erstellung einer Gelangensbestätigung nachweisen

Um tatsächlich von der Umsatzsteuer befreit zu werden, muss der Lieferant darüber hinaus noch einige Nachweise erbringen. Zum Beispiel besteht die Pflicht, die Ankunft der Ware im Zielland zu belegen. Dafür wird unter anderem eine Kopie der Rechnung benötigt. Dabei ist zu beachten, dass die Rechnung bis zum 15. Tag des Folgemonats ausgestellt werden muss. Erforderlich ist außerdem ein Vermerk, der auf die Steuerbefreiung hinweist.

Daneben wird eine sogenannte Gelangensbestätigung benötigt. Hierbei handelt es sich um ein Dokument, mit dem der Käufer den Empfang der Ware bestätigt. Die Gelangensbestätigung muss folgende Informationen zwingend enthalten:

  • Name des Käufers
  • Anschrift des Käufers
  • Warenbezeichnung
  • Liefermenge
  • Monat der Warenentgegennahme durch den Käufer
  • Ort der Warenentgegennahme durch den Käufer
  • Ausstellungsdatum des Dokuments
  • Unterschrift des Empfängers oder eines von ihm beauftragten Mitarbeiters (bei postalischer Zusendung des Dokuments)

 

Doch keine Sorge: Wenn Sie regelmäßig Warenlieferungen von einem bestimmten Unternehmen erhalten, müssen Sie nicht für jede einzelne Lieferung eine separate Gelangensbestätigung ausstellen. Das Anfertigen von Sammelbestätigungen, in denen Lieferungen aus bis zu einem Quartal aufgeführt werden, ist ebenfalls erlaubt. Wie die Dokumente zum Lieferanten gelangen, bleibt letztlich dem Abnehmer überlassen. Er kann die Gelangensbestätigung sowohl postalisch als auch elektronisch verschicken. Wichtig ist, dass die Dokumente anschließend GoBD-konform archiviert werden.

Eine Besonderheit besteht übrigens bei der Lieferung von Fahrzeugen. In diesem Fall müssen Sie auf allen Belegen unbedingt die jeweilige Fahrzeugidentifikationsnummer vermerken.

 

Gelangensvermutung als zusätzliche Belegmöglichkeit nutzen

Wird keine Gelangensbestätigung ausgestellt, bleiben dem Lieferanten noch einige Alternativen. Seit 2020 steht mit der sogenannten Gelangensvermutung zum Beispiel eine zusätzliche Belegmöglichkeit zur Verfügung. In diesem Fall werden mehrere Dokumente benötigt, die von mindestens zwei unabhängigen Dritten ausgestellt werden.

Unter anderem können zwei Versendungsbelege wie Frachtbriefe oder Konnossements als Nachweise dienen. Möglich ist auch eine Kombination aus einem Versendungsbeleg und einem weiteren Dokument, das von unabhängigen Personen wie Notaren, Versicherungsmaklern oder Bankern erstellt werden kann.

 

Weitere Nachweismöglichkeiten in Betracht ziehen

Neben Gelangensbestätigung und -vermutung stehen jedoch noch viele weitere Möglichkeiten zur Verfügung, um die Ankunft der Waren im Zielland zu belegen. Zulässig ist zum Beispiel die Vorlage von Spediteurbescheinigungen. Diese müssen folgende Informationen enthalten:

  • Ausstellungsdatum
  • Name des Beförderungsunternehmens
  • Anschrift des Beförderungsunternehmens
  • Name des Lieferanten
  • Anschrift des Lieferanten
  • Name des Warenempfängers
  • Lieferadresse
  • Bezeichnung der beförderten Waren
  • Menge der beförderten Waren
  • Lieferdatum
  • Versicherung des Spediteurs, dass die gemachten Angaben nachprüfbar sind
  • Unterschrift des Spediteurs

 

Wird ein Kurierunternehmen mit der Beförderung der Waren beauftragt, benötigt der Lieferant seine Auftragserteilung und ein vom beauftragten Dienstleister erstelltes Transportprotokoll. Auch in diesem Dokument müssen die Namen und Adressen des Lieferanten, des Empfängers und des befördernden Unternehmens sowie Art und Menge der Waren vermerkt werden. Bei Postsendungen sollte ein Annahmebeleg des beauftragten Dienstleisters eingeholt und ein Nachweis über die Begleichung der Postdienstleisterrechnung erbracht werden.

Kümmert sich der Kunde um den Versand der Ware, wird eine Spediteurversicherung benötigt. In diesem Fall muss der Lieferant außerdem nachweisen, dass die Ware von einem Bankkonto seines Kunden bezahlt wurde. Dafür reicht zum Beispiel ein Kontoauszug.

Beim Versand von verbrauchsteuerpflichtigen Waren lässt sich die Ankunft der Lieferung auch durch die für das Excise Movement and Control System (EMCS) notwendige behördlich validierte Eingangsbestätigung oder durch eine dritte Ausfertigung des vereinfachten Begleitdokuments beweisen.

 

Steuernachzahlungen durch gewissenhaftes Vorgehen vermeiden

Bei der Zusammenstellung der benötigten Dokumente sollten Unternehmer sehr gewissenhaft und sorgsam vorgehen. Fehlen wichtige Nachweise oder Informationen, können Finanzbehörden die Steuerfreiheit verwehren. Noch ärgerlicher ist es, wenn Versäumnisse erst zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen einer Betriebsprüfung erkannt werden. In diesem Fall drohen hohe Nachzahlungen. Um ein derartiges Szenario zu verhindern, empfiehlt es sich, Rücksprache mit einem Steuerberater zu halten. Dieser kann einen Überblick über die benötigten Informationen geben, Musterformulare besorgen und kontrollieren, ob alle erforderlichen Belege vorliegen. Unternehmer können ihre Waren dann auf den Weg schicken, ohne sich in der Nachweisflut zu verzetteln oder sich Sorgen um mögliche Steuernachzahlungen machen zu müssen.

Denis Broll - Diplom Ökonom | Steuerberater, Fachberater für int. Steuerrecht, zert. Berater für E-Commerce <small>(IFU / ISM gGmbH)</small>

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