Sie sind Dienstleister und spielen mit dem Gedanken, Kunden im Ausland zu akquirieren? Bei aller Vorfreude auf die neue Herausforderung und mögliche Einnahmezuwächse sollten aber die mit diesem Schritt einhergehenden Steuerpflichten nicht übersehen werden. Insbesondere die in der EU geltenden Umsatzsteuerregeln werfen bei vielen Unternehmern, die grenzüberschreitende Dienstleistungen anbieten, Fragen auf. Nicht immer ist klar, wer in welchem Land steuerpflichtig ist. Schließlich müssen allerhand Vorgaben und Ausnahmen berücksichtigt werden. Die wichtigsten Aspekte haben wir im Folgenden für Sie zusammengestellt.

Um die Höhe der Umsatzsteuer berechnen zu können, muss zunächst eine entscheidende Frage geklärt werden: Wo befindet sich der Einsatzort des Dienstleisters? Von der Antwort hängt nämlich ab, in welchem Land die Steuer entrichtet werden muss. Grundsätzlich gilt: Die Leistung ist in dem Land steuerbar, in dem sie erbracht wird. Befindet sich der Leistungsort in Deutschland, darf sich der deutsche Fiskus über Steuereinnahmen freuen; wird die Leistung in einem anderen Land erbracht, muss die Umsatzsteuer im Ausland gezahlt werden.

 

Kundenstatus definieren

Doch Vorsicht: Die Bestimmung des Leistungsortes ist nicht immer so leicht, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Wo dieser verortet wird, hängt nämlich davon ab, wer der Leistungsempfänger ist. Handelt es sich um eine Privatperson, liegt der Leistungsort in der Regel in dem Land, in dem der Dienstleister seinen Sitz hat. Dort ist er zum Abführen der Umsatzsteuer verpflichtet. Anders sieht es aus, wenn der Kunde selbst ein Unternehmer ist. Dann ist die Leistung im Ausland steuerbar.

 

Steuerpflicht an Unternehmenskunden im EU-Ausland übertragen

Ist dies der Fall, stellt sich die Frage, wer die Steuer entrichten muss. Hat der Empfänger seinen Sitz in der Europäischen Union, greift nämlich das sogenannte Reverse-Charge-Verfahren. Es sorgt dafür, dass die Steuerpflicht auf den Kunden übergeht. Dieser muss die Steuer an das für ihn zuständige Finanzamt abführen und dabei den Steuersatz des Landes berücksichtigen, in dem die angebotene Leistung erbracht wurde. Als Unternehmer gilt derjenige, der über eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) verfügt.

Der Leistungsgeber muss in diesem Fall lediglich eine Rechnung ohne Umsatzsteuerausweis ausstellen. Darauf vermerkt er einen Hinweis auf seine Steuerbefreiung sowie auf die USt-IdNr. des Kunden. Auch seine eigene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer sollte auf der Rechnung nicht fehlen.

 

Sonderregeln für Grundstücksdienstleistungen

Dienstleister sollten aber beachten, dass einige Ausnahmen bestehen. In manchen Fällen spielt es keine Rolle, ob es sich beim Kunden um eine Privatperson oder um einen Unternehmer handelt. Eine Sonderregel gilt beispielsweise, wenn ein Grundstück in das Dienstleistungsgeschäft involviert ist. Egal, ob Bautätigkeiten, Immobilienvermittlungen oder Vermietungsleistungen angeboten werden, die Umsatzsteuer ist dann in dem Land fällig, in dem sich das Grundstück befindet.

Ähnlich verhält es sich, wenn Restaurantleistungen angeboten werden oder wenn der Dienstleister mit der Erteilung von Veranstaltungseintrittsberechtigungen beauftragt wurde. Dann wird die Umsatzsteuer ebenfalls in dem Land gezahlt, in dem die Leistung erbracht wurde. Doch aufgepasst: Übernimmt der Dienstleister im Veranstaltungsbereich weitere Aufgaben wie die Organisation und Durchführung eines Events oder einer Messe, muss wieder zwischen Unternehmens- und Privatkunden unterschieden werden. Danach richtet sich dann die Steuerbarkeit.

 

Komplexe Regeln für die Vermietung von Beförderungsmitteln

Besondere Aufmerksamkeit ist bei der Vermietung von Beförderungsmitteln wie Fahrrädern, Booten oder Straßenfahrzeugen geboten: Werden diese nur für kurze Zeit vermietet, besteht die Umsatzsteuerpflicht an dem Ort, an dem das Gefährt übergeben wird. Bei langfristigen Vermietungen kommt wieder die Unterscheidung zwischen Firmen- und Privatkunden zum Tragen.

Handelt es sich um einen Unternehmer, ist die Leistung in dem Land steuerbar, in dem dieser seinen Sitz hat. Bei einer Privatperson ist deren Wohnsitz entscheidend – es sei denn, sie mietet ein Sportboot: Dann ist die Leistung am Übergabeort steuerbar. Langfristig ist die Vermietung übrigens, wenn sie länger als 30 Tage dauert. Bei Wasserfahrzeugen liegt die Grenze zwischen kurz- und langfristiger Vermietung bei 90 Tagen.

 

Bei Personen- und Güterbeförderungen genau hinschauen

Noch komplizierter wird es bei Personenbeförderungsleistungen. Hier ist der Ort entscheidend, an dem Personen befördert werden. Das heißt, die Leistung wird in dem Land versteuert, in dem sie erbracht wird. Daher kann es passieren, dass die generierten Einnahmen für einen Teil der Strecke in Deutschland und für den Rest in einem anderen Land versteuert werden müssen. Eine Ausnahme besteht allerdings, wenn es sich nur um kurze Strecken handelt, die kürzer als 10 Kilometer sind. Dann erfolgt in der Regel keine Aufteilung der Strecke. Werden Güter für einen Unternehmenskunden befördert, muss die Umsatzsteuer in der Regel an dem Ort gezahlt werden, an dem dieser seinen Sitz hat. Doch auch hier greifen in bestimmten Fällen einige Ausnahmen.

 

Ausnahmen im Privatkundenbereich

Daneben gibt es Leistungen, die für Privatkunden in der EU erbracht werden und dennoch am Ort der Leistungserbringung versteuert werden. Dazu gehören beispielsweise einige Tätigkeiten in der Kunst-, Kultur-, Wissenschafts-, Sport- oder Unterhaltungsbranche. Welche Leistungen das Umsatzsteuergesetz dazu zählt, sollte vor der Rechnungsstellung genau geprüft werden. Eine weitere Ausnahme stellen Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sowie auf elektronischem Weg erbrachte Leistungen (TRFE-Leistungen) für Privatpersonen dar. Hier ist der Wohnort des Kunden ausschlaggebend.

Auch wenn der Wohnsitz des Privatkunden in einem Drittland liegt, kann es vorkommen, dass die Leistung am Ort der Erbringung steuerbar ist. Dies ist unter anderem der Fall, wenn der Dienstleister Steuer- oder Rechtsberatungen, Werbetätigkeiten, Sachverständigenleistungen, Datenverarbeitungsarbeiten oder Patentübertragungen anbietet.

 

Registrierung im Ausland nicht vergessen

Stellt sich heraus, dass der Ort der Leistungserbringung im Ausland liegt, sollte sich der Dienstleister auf einen gewissen steuerbezogenen Aufwand einstellen. Dieser muss sich in diesem Fall nämlich im jeweiligen Land aufwendig registrieren lassen und gegebenenfalls eine Umsatzsteuervoranmeldung sowie eine Umsatzsteuererklärung abgeben. Natürlich wird die Umsatzsteuer dort auch entrichtet. Ein Vorsteuerabzug ist nur in diesem Land möglich und erfolgt im Rahmen eines Vorsteuervergütungsverfahrens.

Dennoch müssen die im Ausland steuerbaren Umsätze ebenfalls in der deutschen Voranmeldung aufgeführt werden. Kommt das Reverse-Charge-Verfahren zum Einsatz, ist der Dienstleister nicht verpflichtet, sich im Ausland zu registrieren. Allerdings muss er dem Bundeszentralamt für Steuern in diesem Fall eine Zusammenfassende Meldung (ZM) zukommen lassen.

 

Prozedere durch IOSS-Verfahren vereinfachen

Diejenigen, die sich im EU-Ausland registrieren müssen, können unter bestimmten Umständen aber von einer kleinen Erleichterung Gebrauch machen: Wer Privatkundendienstleistungen erbringt, kann das Verfahren Import-One-Stop-Shop (IOSS) nutzen. Es bietet die Möglichkeit, alle in der EU erbrachten Leistungen der Einfachheit halber zusammenzufassen und an eine einzige Behörde zu übermitteln. Wenn er sich für dieses Verfahren entscheidet, kann er darauf verzichten, sich in jedem Land, in dem er tätig ist, zu registrieren. Das IOSS-Verfahren kann allerdings nur zur Anwendung kommen, wenn es sich beim Kunden nicht um einen Unternehmer handelt und dieser nicht im selben Land zu Hause ist wie der Leistungsgeber.

Die oben genannten Regeln gelten übrigens auch, wenn ein ausländischer Dienstleister in Deutschland tätig wird. Beauftragt beispielsweise ein deutsches Unternehmen einen im EU-Ausland ansässigen Dienstleister, greift das Reverse-Charge-Verfahren. In diesem Fall führt der deutsche Leistungsempfänger die Umsatzsteuer in Deutschland ab. Diese kann er jedoch als Vorsteuer geltend machen.

 

Nachzahlungen und Kundenverärgerung vermeiden

Beim Blick auf all diese Regeln wird schnell klar, dass die Feststellung der Umsatzsteuerpflicht ein wenig komplex ist. Immerhin müssen zahlreiche Aspekte berücksichtigt und einige Sonderregeln beachtet werden. Hinzu kommt, dass in vielen Drittstaaten andere Regeln gelten als in der EU.

Wer seine Dienstleistungen im Ausland anbieten möchte, sollte sich deshalb vorab unbedingt mit einem Steuerberater kurzschließen. Schließlich drohen hohe Nachzahlungen, wenn Vorgaben nicht eingehalten werden. Fehlerhafte Rechnungen oder nachträgliche Korrekturen können außerdem Kunden verärgern. Der richtige Umgang mit der Umsatzsteuer kann daher auch für den Erfolg des jeweiligen Dienstleistungsunternehmens wichtig sein und somit eine essenzielle Voraussetzung für ein gutes Auslandsgeschäft darstellen.

Denis Broll - Diplom Ökonom | Steuerberater, Fachberater für int. Steuerrecht, zert. Berater für E-Commerce <small>(IFU / ISM gGmbH)</small>

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