Vor dem Einstieg in die Kryptowelt stehen Neulinge ohne Informatikkenntnisse in der Regel vor einer Vielzahl von Fragen. Für Laien scheint meist nur eines klar zu sein: Die Funktionsweise des Kryptomarktes ist kompliziert. Eine gründliche Vorbereitung ist daher unabdingbar. Wer Kryptogeschäfte tätigen möchte, sollte sich aber nicht nur über Gewinnpotenziale und Risiken, sondern auch über den steuerlichen Umgang mit Gewinnen und Verlusten informieren. Andernfalls droht Ärger mit dem Finanzamt.

Sie spielen mit dem Gedanken, Privatvermögen in Kryptowährungen zu investieren? Bevor Sie dieses Vorhaben umsetzen, sollten Sie bedenken, dass Kryptogeschäfte Einfluss auf Ihre Steuerlast haben können. Eine Steuerpflicht besteht nämlich nicht nur für professionelle Trader. Auch Privatpersonen müssen Gewinne unter Umständen versteuern.

 

Verkauf von Coins nach einem Jahr steuerfrei

Allerdings sind nicht alle Kryptobesitzer steuerpflichtig. Wer nach dem Erwerb seiner Währungen etwas Geduld aufbringt und mit dem Verkauf einige Zeit lang wartet, muss diesbezüglich keine Forderungen vom Finanzamt befürchten. Denn grundsätzlich gilt: Wird eine Kryptowährung vor dem Verkauf ein Jahr lang gehalten, greift die im Einkommensteuergesetz verankerte Spekulationsfrist und die Gewinne bleiben steuerfrei. Gleiches gilt für Coins, die als Gehalt bezogen werden.

Wer nicht so lange warten möchte und seine Währungen vor Ablauf eines Jahres verkauft, muss die Differenz zwischen Kauf- und Verkaufspreis versteuern. Hier gilt der persönliche Steuersatz. Das Einkommensteuergesetz sieht in diesem Fall aber einen Freibetrag von 600 Euro pro Jahr vor. Ist der Gewinn niedriger, fallen keine Steuern an; wird die Grenze jedoch gerissen, muss der komplette Gewinn versteuert werden.

Übrigens: Ein Verkauf liegt auch vor, wenn die Währung als Zahlungsmittel genutzt wird und dafür Transaktionsgebühren anfallen.

 

Ermittlung des Anschaffungszeitpunkts

Bis hierhin scheint alles ganz einfach zu sein. Kompliziert wird es meist allerdings, wenn mehrere Währungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten gekauft werden. Verkauft der Kryptobesitzer in solch einem Fall einen Teil seiner Coins, lässt sich nämlich nicht immer auf den ersten Blick erkennen, wann er diese zu welchem Preis erworben hat. Diese Informationen sind aber relevant, um bestimmen zu können, ob die Jahresfrist bereits abgelaufen ist und wie hoch der zu versteuernde Gewinn ausfällt.

Das Bundesfinanzministerium hat im Schreiben „Einzelfragen zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung von virtuellen Währungen und von sonstigen Token“ vom 10. Mai 2022 klargestellt, dass eine Einzelzuordnung erfolgen soll, wenn dies möglich ist. Das heißt, für jeden Coin müssen das Kaufdatum und der Wert zum Kaufzeitpunkt ermittelt werden. Ist dies nicht machbar, kann die sogenannte First-in-first-out(FIFO)-Methode zum Einsatz kommen. Dann darf davon ausgegangen werden, dass Kryptobesitzer genau die Coins zuerst verkaufen, mit denen sie ihre Wallets zuerst bestückt haben.

Diese Vorgaben sollten nun in allen noch anzufertigenden oder zu berichtigenden Steuererklärungen berücksichtigt werden. Wer eine Selbstanzeige erstellen oder Einspruch gegen einen Bescheid einlegen möchte, sollte die Regelung ebenfalls beherzigen.

 

Besteuerung von verliehenen Coins

Komplexe Regeln gelten auch für diejenigen, die ihre Währungen an andere Kryptobesitzer verleihen. Fachleute sprechen in diesem Fall von Lending. Dabei eingenommene Zinsen müssen Verleiher in der Regel als sonstige Einkünfte in der Steuererklärung deklarieren. Liegen die Zinseinnahmen über der Freigrenze von 256 Euro, wird Einkommensteuer fällig. Der Verkauf von ausgeliehenen Coins ist ebenfalls einkommensteuerpflichtig. Bei diesem Vorgang handelt es sich nämlich um ein privates Veräußerungsgeschäft.

Beachten sollten Lending-Fans außerdem die im oben erwähnten BMF-Schreiben thematisierten Haltefristen: Ursprünglich war vorgesehen, dass sich die Spekulationsfrist von Coins auf zehn Jahre verlängert, sobald sie verliehen werden. Darauf ist aber letztlich verzichtet worden. Die Haltefrist beträgt nun ein Jahr.

 

Gewinne aus Staking unterliegen der Einkommensteuerpflicht

Wer als Privatperson lieber Staker werden möchte, muss ebenfalls das Einkommensteuerrecht beachten. Beim Staking hinterlegen Kryptobesitzer ihre Coins bei einer Handelsplattform. Diese versucht mithilfe der Währungen, ihre Chance auf den Erhalt von Validierungsrechten zu erhöhen. Der Staker erhält dafür dann Belohnungen, die als sonstige Einkünfte versteuert werden müssen. Auch hier gilt die Freigrenze von 256 Euro. Wie beim Lending beträgt die Spekulationsfrist beim Staking ein Jahr.

Wer als Staking-Pool-Betreiber agiert, nimmt darüber hinaus in der Regel Gebühren ein. Diese müssen natürlich ebenfalls versteuert werden. Außerdem könnte es passieren, dass die Tätigkeit als gewerblich eingestuft wird. Ob eine Gewerbeanmeldung tatsächlich notwendig ist, muss im Einzelfall geprüft werden.

 

Airdrops-Empfang kann Schenkungs- oder Einkommensteuerpflicht auslösen

Achtsamkeit ist auch bei der Entgegennahme von Airdrops geboten. Diese werden in der Regel von Währungsherausgebern im Rahmen von Werbemaßnahmen an Anleger verschenkt. Die Frage, wie sich diese Präsente steuerlich behandeln lassen, kann nicht eindeutig beantwortet werden, da sich die Finanzverwaltung bisher noch nicht zu diesem Thema geäußert hat. In der Regel hängt die Besteuerung davon ab, wie die Beschenkten die Airdrops erhalten haben. Müssen sie keine Gegenleistung erbringen, werden Airdrops meist als Schenkung eingestuft. Nur wenn der Wert der innerhalb von zehn Jahren erhaltenen Exemplare über dem Freibetrag von 20.000 Euro liegt, zahlen die Begünstigten Schenkungssteuer. Einkommensteuer fällt in diesem Fall nicht an.

Anders sieht es aus, wenn die Beschenkten aktiv etwas für den Erhalt der virtuellen Währung tun müssen. Dann werden Airdrops in der Regel als sonstige Einkünfte angesehen, die einkommensteuerpflichtig sind. Werden sie innerhalb eines Jahres verkauft, entsteht ein privates Veräußerungsgeschäft, für das ebenfalls Einkommensteuer fällig wird. Aber Vorsicht: Als Gegenleistungen können schon Kleinigkeiten wie die Angabe von persönlichen Daten gewertet werden.

 

Ausgaben als Werbungskosten geltend machen

Unter bestimmten Umständen können Kryptowährungen übrigens auch steuermindernd wirken. Besitzer von virtuellen Währungen dürfen zum Beispiel alle mit dem Kryptogeschäft zusammenhängenden Kosten als Werbungskosten geltend machen, wenn die Coins innerhalb der Spekulationsfrist verkauft werden. Abzugsfähig sind unter anderem Verkaufs-, Wallet-, Beratungs-, Bank- oder Umtauschgebühren. Ausgaben für Hard- und Softwarekosten lassen sich ebenfalls absetzen.

Sollte der Steuerpflichtige daneben Coins verkaufen oder halten, die länger als ein Jahr in seinem Besitz sind, dürfen die Kosten jedoch nicht komplett geltend gemacht werden. Er muss die Ausgaben dann entsprechend aufteilen.

 

Verluste mit Vorjahresgewinnen verrechnen

Wenn es schlecht läuft, können beim Kryptoverkauf aber auch finanzielle Einbußen entstehen. Geschieht dies innerhalb der einjährigen Haltefrist, lassen sich die Verluste mit den im selben Jahr oder im Vorjahr generierten Gewinnen verrechnen. Wenn danach immer noch ein Verlustbetrag übrig bleibt, besteht die Möglichkeit, diesen vorzumerken. Der betreffende Steuerpflichtige darf die verbliebenen Verluste dann im folgenden Jahr geltend machen. Eine Verrechnung erfolgt allerdings ausschließlich mit Spekulationsgewinnen. Andere Einkünfte können Währungsverkäufer dabei nicht berücksichtigen.

Unter bestimmten Umständen lässt sich auch der Diebstahl von Coins als Verlust werten. Ob dies möglich ist, muss aber stets individuell beurteilt werden.

 

Gewerbesteuer im Blick behalten

Angesichts der Komplexität von Kryptogeschäften herrscht hinsichtlich der Besteuerung häufig Unsicherheit. Kein Wunder, immerhin müssen bei der Berechnung der Steuerhöhe unzählige Regeln und Ausnahmen berücksichtigt werden. Außerdem sind in steuerlicher Hinsicht noch einige Fragen offen. Diese werden nach und nach von Gerichten und der Finanzverwaltung geklärt. Deshalb muss auch stets mit Gesetzesänderungen und -präzisierungen gerechnet werden.

Hinzu kommt, dass nicht immer klar ist, ob ein Gewerbe angemeldet werden muss. Hierbei spielen verschiedene Faktoren wie die Vorkenntnisse des Kryptobesitzers, die Art der verkauften Kryptowerte oder die Anzahl der getätigten Käufe und Verkäufe eine Rolle. Es empfiehlt sich daher, Rücksprache mit einem Steuerberater zu halten und abzuklären, welche Steuerarten im jeweiligen Fall relevant sein könnten. Schließlich soll die Freude über einen Gewinn nicht durch Steuernachzahlungen getrübt werden.

Denis Broll - Diplom Ökonom | Steuerberater, Fachberater für int. Steuerrecht, zert. Berater für E-Commerce <small>(IFU / ISM gGmbH)</small>

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