Gerät ein Unternehmen in eine existenzbedrohende Schieflage, stehen Arbeitgeber häufig vor einer schweren Entscheidung: Entweder sie entlassen Mitarbeiter oder treiben die Verlustspirale durch hohe Personalkosten weiter an. Einen Ausweg aus diesem Dilemma kann in einigen Fällen die Kurzarbeit bieten. Schließlich können Unternehmer durch die Arbeitszeit- und Gehaltskürzung eine beträchtliche Ausgabensenkung erreichen, ohne Mitarbeiter entlassen zu müssen. Klingt einfach, lässt sich aber nicht in jedem Betrieb umsetzen. Damit Kurzarbeit eingeführt und bei der Agentur für Arbeit Kurzarbeitergeld beantragt werden kann, muss das betreffende Unternehmen nämlich ganz bestimmte Voraussetzungen erfüllen.

Selbst wenn sich die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens dramatisch verschlechtern sollte und alle Einsparmöglichkeiten ausgeschöpft sind, darf der Arbeitgeber die im Arbeitsvertrag festgeschriebene Wochenarbeitszeit nicht einfach unbedacht reduzieren. Gewinnausfälle gehören nämlich zum Betriebsrisiko, das grundsätzlich vom Unternehmer getragen wird. Das heißt: Sind Arbeitnehmer aufgrund eines gestörten Betriebsablaufes nicht in der Lage, die geplante Arbeitsleistung zu erbringen, muss der Arbeitgeber die Konsequenzen ausbaden. Mitarbeiter müssen also auch dann bezahlt werden, wenn das Unternehmen in Not gerät und im jeweiligen Betrieb nicht gearbeitet werden kann.

 

Vertragliche Voraussetzungen schaffen

Eine Ausnahme besteht, wenn die Kurzarbeitsoption explizit im Arbeits- oder Tarifvertrag vermerkt wurde. Darin kann zudem festgehalten werden, unter welchen Voraussetzungen die Arbeitszeit reduziert werden darf. In tariffreien Betrieben muss der Arbeitgeber diese Regelungen mit jedem einzelnen Mitarbeiter individuell vereinbaren und im jeweiligen Arbeitsvertrag niederschreiben.

Fehlt eine entsprechende Klausel in einem nicht tariflichen Vertrag, kann ein Nachtrag ergänzt werden, der die Einführung von Kurzarbeit erlaubt. Dies ist aber nur möglich, wenn die betreffenden Arbeitnehmer damit einverstanden sind. Auch eine Änderungskündigung ist in dieser Situation denkbar: Entscheidet sich der Arbeitgeber für diese Option, wird das aktuelle Arbeitsverhältnis gekündigt und gleichzeitig ein neuer Arbeitsvertrag mit veränderten Konditionen angeboten. Dieser Schritt hat allerdings einen Nachteil: Da die im gekündigten Vertrag festgelegte Kündigungsfrist eingehalten werden muss, kann es unter Umständen mehrere Monate dauern, bis die Kurzarbeit eingeführt werden kann.

Kurzarbeiterklauseln können natürlich auch in Tarifverträgen enthalten sein. Davon darf ein Unternehmen aber nur Gebrauch machen, wenn es tarifgebunden ist.

 

Abstimmung mit dem Betriebsrat

Der Arbeitgeber hat außerdem die Möglichkeit, eine Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat zu treffen, wenn er die Arbeitszeit reduzieren möchte. Wer nun glaubt, er könne tarifliche Vorgaben bezüglich der Arbeitszeit auf diese Weise einfach aushebeln, liegt falsch: In tarifgebundenen Unternehmen ist eine Reduktion der Arbeitszeit nur möglich, wenn der geltende Tarifvertrag Kurzarbeit nicht grundsätzlich ausschließt. Tarifliche Vorgaben können durch eine Betriebsvereinbarung schließlich nicht umgangen werden.

Steht der Tarifvertrag einer Einführung der Kurzarbeit nicht im Weg, spielt der Betriebsrat auch in anderer Hinsicht eine ganz zentrale Rolle. Dieser hat bei der Gestaltung der Kurzarbeitsregelungen nämlich ein Mitbestimmungsrecht und kann einen Unterlassungsanspruch geltend machen, wenn sich der Arbeitgeber darüber hinwegsetzt. Können sich Unternehmensführung und Betriebsrat nicht einigen, ob und wie Kurzarbeit eingeführt wird, bleibt noch eine letzte Option: Das Hinzuziehen einer Einigungsstelle.

 

Meldung der Kurzarbeit bei der Agentur für Arbeit

Sind die Voraussetzungen für eine Verkürzung der Arbeitszeit erfüllt, kann der Arbeitgeber im Krisenfall Kurzarbeit einführen. Dann ist er aber auch verpflichtet, sich bei der Bundesagentur für Arbeit zu melden. Für die betroffenen Mitarbeiter kann er anschließend das konjunkturelle Kurzarbeitergeld nach § 95 SGB III beantragen. Damit die Behörde den Antrag bewilligt, müssen vier Voraussetzungen erfüllt sein.

 

Immensen, unvermeidbaren und vorübergehenden Arbeitsausfall nachweisen

Erstens muss nachgewiesen werden, dass der jeweilige Arbeitnehmer von einem immensen Arbeitsausfall betroffen ist, der wiederum einen Verdienstausfall nach sich zieht. Dafür können entweder wirtschaftliche Gründe wie ein Auftragsmangel und Zulieferungsprobleme oder ein unabwendbares Ereignis wie ein Firmenbrand und pandemiebedingte Betriebsschließungen verantwortlich sein.

Wichtig ist, dass die Herabsetzung der Arbeitszeit unvermeidbar ist. Das heißt, der Arbeitgeber muss belegen können, dass er alle zur Verfügung stehenden Optionen ausgeschöpft hat, um den Arbeitsausfall zu verhindern. Unabdingbar ist zum Beispiel, dass Überstunden bereits abgebaut wurden.

Darüber hinaus muss es sich um eine vorübergehende Reduzierung der Arbeitszeit handeln. Gewährt wird das Kurzarbeitergeld höchstens für eine Dauer von zwölf Monaten. Bedenken sollten Unternehmer auch, dass diese Entgeltersatzleistung nicht nur für einen einzigen Mitarbeiter beantragt werden kann. Die Krise des beantragenden Betriebes muss schon eine gewisse Schwere aufweisen. Das heißt, ein Antrag hat nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn mindestens ein Drittel der Beschäftigten einen Lohnausfall von jeweils mehr als zehn Prozent des Bruttolohns verkraften muss.

Leidet ein Unternehmen unter finanziellen Verlusten, die sich dem üblichen Betriebsrisiko zurechnen lassen, kann das Kurzarbeitergeld nicht beantragt werden.

 

Kurzarbeitergeld nur für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte

Zweitens müssen betriebliche Voraussetzungen erfüllt werden. Entscheidend ist, dass mindestens ein Arbeitnehmer im Betrieb sozialversicherungspflichtig beschäftigt ist. Drittens müssen die betreffenden Mitarbeiter persönliche Voraussetzungen nachweisen. Kurzarbeitergeld erhalten zum Beispiel nur sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Minijobbern oder Werkstudenten steht diese Entgeltersatzleistung aus diesem Grund nicht zu. Zudem dürfen die betroffenen Mitarbeiter nicht bereits gekündigt worden sein. Die vierte Voraussetzung, die erfüllt sein muss, ist die schriftliche Anmeldung der Kurzarbeit bei der Agentur für Arbeit.

 

Berechnung des Kurzarbeitergeldes

Wird der Antrag bewilligt, erhalten kinderlose Arbeitnehmer in der Regel jeweils 60 Prozent und Arbeitnehmer mit mindestens einem Kind 67 Prozent der Nettoentgeltdifferenz von der Bundesagentur für Arbeit. Bei diesem Betrag handelt es sich um die Differenz zwischen dem Soll-Entgelt, das normalerweise vom Arbeitgeber gezahlt wird, und dem Ist-Entgelt, das während der Kurzarbeit ausgezahlt wird.

 

Steuer- und Sozialabgabenpflicht beachten

Steuern müssen Arbeitnehmer für das Kurzarbeitergeld übrigens nicht entrichten. Allerdings muss es auf der Lohnsteuerbescheinigung festgehalten werden. Eine Ausnahme besteht für Zuschüsse, die vom Arbeitgeber gewährt werden. Diese unterliegen der Lohnsteuerpflicht. In den Sozialversicherungen bleibt der Arbeitnehmer auch während der Kurzarbeit pflichtversichert. Die Berechnung der Beiträge ist in dieser Zeit jedoch ein wenig kompliziert: Sozialabgaben für das Ist-Entgelt teilen sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer weiterhin wie zuvor. Darüber hinaus werden für die Bruttoentgeltdifferenz 80 Prozent der Sozialabgaben fällig. Diese zahlt allein der Arbeitgeber.

 

Anträge pünktlich, fehlerfrei und vollständig einreichen

Kurzarbeit hat sich gerade in schwierigen wirtschaftlichen Lagen als wichtiges Instrument zur Krisenbewältigung und Arbeitsplatzsicherung erwiesen. Um es nutzen zu können, müssen allerdings einige Voraussetzungen erfüllt sein. Wer unsicher ist, sollte sich mit seinem Steuerberater kurzschließen. Dieser kann seinen Mandanten bei der Beantragung von Kurzarbeitergeld unterstützend zur Seite stehen und auf etwaige Besonderheiten hinweisen. Nur wenn die Anträge pünktlich, fehlerfrei und vollständig bei der Agentur für Arbeit eingehen, kann eine Bewilligung erfolgen. Das Kurzarbeitergeld hilft im Idealfall, die Krise ohne Mitarbeiterentlassungen zu bewältigen und anschließend mit einem eingespielten Team in die Erfolgsspur zurückzukehren.

Denis Broll - Diplom Ökonom | Steuerberater, Fachberater für int. Steuerrecht, zert. Berater für E-Commerce <small>(IFU / ISM gGmbH)</small>

Ihr Ansprechpartner:

Denis Broll
Diplom Ökonom | Steuerberater
Fachberater für int. Steuerrecht
zert. Berater für E-Commerce (IFU / ISM gGmbH)

Telefon: +49 281 / 33 99 33
E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.

 

Schreiben Sie uns

Schreiben Sie uns